Depotneuigkeiten/ Blick in die Sammlung

Waldglas für die Küche und den Haushalt

Der Begriff Waldglas klingt für die heutigen Ohren vermutlich abstrakt. Wo liegt der Zusammenhang zwischen Wald und Glas? Die Erzeugung dieses speziellen Werkstoffes erfolgte in Glashütten und setzte die Verfügbarkeit von Quarzsand und Pottasche voraus. Zusätzlich wurde dem Gemisch Wasser, Soda oder Kalk hinzugegeben. Die Rezeptur variierte und wurde oftmals streng gehütet. Der Betrieb der Hütten verlangte nach einer hohen Menge an verfügbarem Holz. Genau auf diesen Umstand verweist das Waldglas - das Glas wird im und mit den Ressourcen des Waldes hergestellt. Holz diente der Befeuerung der Öfen und war Voraussetzung für die Gewinnung von Pottasche. Dieser Umstand wirkte sich auf die umliegenden Baumgebiete aus. Nach einigen Jahren musste der Standort der Glashütte verlagert werden, um den Bedarf nach Holz weiter zu decken. Häufig weist das Glas, basierend auf der Zusammensetzung des verwendeten Quarzsandes, eine grüne oder braune Färbung auf.

 

Zu den Zentren der Waldglasherstellung gehörte die Region Mecklenburg. Hier existierten vom 17. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts eine Vielzahl von Glashütten, die wiederum eine Fülle von Waldglas produzierten. Aus diesem Werkstoff wurden Satten, d.h. flache, schüsselartige Formen, Häfen, diverse Flaschen, Töpfe, Trinkgläser, Aufbewahrungsgläser, Apothekergefäße, Fensterglas oder Gniedelsteine gefertigt.

 

Im 19. Jahrhundert ging die Anzahl der Glashütten in Deutschland merklich zurück. Technologische Veränderungen, die zunehmende Mechanisierung in der Glasherstellung und die Umstellung der Befeuerung von Holz auf Torf, Kohle und später Gas wirkten sich negativ auf die Waldglashütten aus.

 

Am 27. März 1997 erwarb das Stadtmuseum Bergen auf Rügen drei Waldglasobjekte, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. Sie datieren alle laut Inventarbuch in das Jahr 1780. Möglicherweise sind die ersten beiden Gefäße in ihrer Entstehung als etwas jünger anzusetzen. Vergleiche mit Exemplaren aus Mecklenburg deuten in die erste Hälfte bis Mitte des 19. Jahrhunderts.

 

Der grüne Glashafen (Inv.-Nr. MB 2044) ist in seiner Form als konisch mit hoher Wandung zu beschreiben. Der profilierte Rand wurde nach außen gelegt, die Standfläche zeigt mittig eine starke Einwölbung. Im Glas lassen sich flächig Einschlüsse und kleine Luftbläschen erkennen. Der 17,5 cm hohe Hafen ist noch gut erhalten, einzig die Standfläche wirkt abgenutzt. In solchen Bechergläsern bzw. Vorratstöpfen wurden früher eingemachte Früchte oder Schmalz aufbewahrt.

 

Ein dunkelgrünes, flaschenförmiges Aufbewahrungsglas (Inv.-Nr. MB 2046) misst in seiner Höhe 14,4 cm und weist einen weiten Rand und einen kurzen Hals auf, der sanft in den zylindrischen Flaschenkörper übergeht. Zwei eingetiefte, kreisrunde Rillen umgeben den leicht nach innen gewölbten Bodenbereich und ein kleiner, runder, erhabener Buckel sitzt in seiner Mitte. Auch hier sind wieder deutliche Abnutzungsspuren am Gefäß zu erkennen. Solche Aufbewahrungsgläser dienten primär der Konservierung von Lebensmitteln, deshalb werden sie auch als Kirschgläser bezeichnet. Bei der 18,00 cm hohen, bauchigen Bouteille (franz. Flasche) bzw. Flachkugelflasche mit ihrem schmalen, konischen Hals (Inv.-Nr. MB 2045) handelt sich um ein Vorratsgefäß für Wein, Schnaps und Bier. Fast die gesamte Bouteille ist mit der sogen. Glaspest überzogen, d.h. die Oberfläche ist stark angegriffen und zeigt eine opake grünlich-braune Färbung. Die runde, mittig stark eingewölbte Standfläche weist Abnutzungsspuren auf. Leider lässt sich der Fertigungsursprung aller drei Gefäße nicht mehr rekonstruieren, da keines der Objekte einen Glasstempel trägt.

 

Der Gniedel- bzw. Glättstein (Inv.-Nr. MB 2127) mit einem Durchmesser von 9,1 cm besteht vermutlich ebenfalls aus Waldglas und mutet heutzutage eher ungewöhnlich an. Die Oberseite wurde leicht abgeflacht gestaltet, während sich auf der weitgehend planen Unterseite eine runde, flache und unebene Vertiefung befindet- die sogen. Abbruchstelle. Abnutzungsspuren sind auf dem gesamten Gniedelstein zu erkennen. Entsprechend Mecklenburger Vergleichsfunden erscheint eine Datierung in das 18. oder 19. Jahrhundert wahrscheinlich. Solche Objekte wurden vorrangig zum Glätten von Nähten an Kleidung genutzt, deshalb auch der Name Glättstein. Im Haushalt fanden Gniedelsteine auch bei der Zerkleinerung von Salz, Pfeffer und Senfkörnern Verwendung.

 

Laut Inventarbuch stammt dieses massive Objekt von Rügen und gelangte durch einen Ankauf am 27.08.1997 in die Sammlung des Stadtmuseums.

 

Autorin: Marika Emonds (Stadtmuseum Bergen auf Rügen)

 

Literatur

 

  • V. Janke/H. Junghans/J. Lewerenz, Waldglas in Mecklenburg (Schwerin 2010).
  • Chr. Leiber, Eine Waldglashütte aus dem 17. Jahrhundert bei Grünenplan im Hils. In: M. Fansa/ F. Both/ H. Haßmann (Hrsg.), Archäologie Land Niedersachsen. 400 000 Jahre Geschichte (Oldenburg 2004), 275-280.

April 2020: Frohe Ostern wünscht das Stadtmuseum Bergen auf Rügen!

Vielfach sind es kleine Lämmer, die traditionell die Ostergrüße übermitteln. Osterhase und Osterlamm aus Schokolade wollen gesucht und vernascht werden. Der hier gezeigte, rechteckige Klappmodel aus Holz (Br. 12,9 cm; T. 6,7 cm; H. 9 cm) wurde laut Inventarbuch verwendet, um Schafe aus Butter „herzustellen“. Denkbar ist aber auch eine Befüllung mit Kuchenteigen und eine Nutzung als Backmodel. Die Form besteht aus zwei Hälften, in die im Negativ die Gestalt eines Schafes geschnitzt wurde. Auf dem Foto sind die jeweils an gleicher Stelle angebrachten Bohrungen gut erkennbar. Beide Hälften werden aneinandergesetzt und durch die Holzstifte miteinander verbunden. So entsteht ein Hohlraum in Form eines Schafes, um die Butter oder den Teig aufzunehmen. Das Klappmodel datiert wahrscheinlich in das 19. Jahrhundert. Leider ist der Vorbesitzer/ die Vorbesitzerin unbekannt. Die Holzform wurde zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt auf dem Dachboden eines Gebäudes mit der Adresse Markt 12 (Bergen auf Rügen) entdeckt. In den Unterlagen des Stadtmuseums Bergen auf Rügen findet sich der kurze Verweis, dass sich hier einst eine Gaststätte befand, die vor 1870 erbaut wurde. Der Blick in das „Adreß-Buch der Kreistadt Bergen auf Rügen“ (1925) führt unter dieser Adresse den „Gasthof Deutsches Haus“, der zu dieser Zeit von Karl Steffenhagen geführt und dann durch Erich Schufft umgebaut und als „Hotel Deutsches Haus“ weitergeführt wurde. Im Rahmen der „Aktion Rose“ wechselte das Haus seinen Besitzer. Ein Foto aus dem Jahr 1966 belegt die Nutzung des Gebäudes durch den FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund). Inwieweit allerdings tatsächlich ein Zusammenhang zwischen dem Klappmodel und dem „Gasthof Deutsches Haus“ besteht, lässt sich leider nicht mehr klären.

 

Wir wünschen Ihnen allen frohe Ostern mit und ohne Butterschafen, aber in jedem Fall mit viel Gesundheit!

 

 

Weitere online-Beispiele für Butter- und Backmodel:

 

  • Portal Alltagskulturen im Rheinland, Stichwort Buttermodel
  • Deutsche Digitale Bibliothek, Stichwort Gebäckmodel
  • Börde-Museum Burg Ummendorf, Stichwort Sammlungsstück Juli 2016

September/ Oktober 2019:

Eine Schenkung an das Stadtmuseum Bergen auf Rügen: Andenkenporzellan von 1938

 

Bei einem der Neuzugänge 2019 in das Depot des Stadtmuseums handelt es sich um sogen. Andenkenporzellan. Perk Loesch aus Dresden erwarb zu einem früheren Zeitpunkt einen cremefarbenen Teller (MB 2992) und eine Tasse (MB 2993), die durch ihre Bemalung einen Bezug zu Binz offenbaren. Beide Objekte zeigen auf ihren Böden eine Marke, die das Geschirr der Porzellanmanufaktur Carl Tielsch & Co. in Altwasser (Schlesien) zu weisen. Diese Firma bzw. ihr Name bestand von 1845 bis 1945 und war für die Herstellung von Haushalts- und Hotelporzellan, Kaffee- und Teegeschirr, sowie Zierporzellan bekannt. Die Porzellanmarken veränderten sich im Laufe der Zeit und in den Jahren 1920 bis 1945 wurde das Herstellungsjahr mitangegeben. Im vorliegenden Fall wurden Teller und Tasse 1938 gefertigt.


August 2019: Aus dem Nachlass von Hermann und Erich Asmus

 

Einen glücklichen Fund verbuchte das Stadtmuseum Bergen, als ihm von Elke Anke Gudrun Asmus der Nachlass der eigenen Vorfahren vermacht wurde, von denen ihr Vater und Großvater in Bergen gelebt und gewirkt haben.

 

Hermann Christian Friedrich Asmus war 1907 mit seiner Frau Marie und den 3 Kindern nach Bergen in die Vieschstraße 26 gezogen, wo er eine rentable Anstellung als Lehrer an der Mädchenschule in der Königsstraße erhielt. Die drei Kinder Anna, Erich und Walter lernten die Stadt in jungen Jahren kennen. Hermann Asmus wurde in den folgenden Jahren festes Mitglied der Lehrerschaft Bergens und betreute in dieser Funktion mehrere Klassen. Kurz vor seiner Pensionierung erhielt er den Titel eines Konrektors. Der ältere Sohn Erich  Johann August Asmus verbrachte zunächst nur einen kurzen Teil seiner Kindheit in Bergen, sollte aber mit vollständiger Berufserfahrung hierher zurückkehren. Erich Asmus zeigte schon früh ein Interesse an Kunst und Kultur, vor allem an Bildern, Gemälden und Literatur. Seiner Passion folgend erwarb er sich umfangreiche Kenntnisse auf dem Gebiet des Buchhandels, während er das Deutsche Reich bereisend, Anstellungen innehatte in Freudenstatt, Stettin, Königsberg, Weimar, Leipzig, Heidelberg, u.a. Als Vollbuchhändler nach Bergen zurückgekehrt, eröffnete Erich Asmus hier im Mai 1921 seine eigene Buchhandlung im Gebäude Markt 12 des Schuhmachers Möller, die bis zu Kriegsende ihr vielfältiges Angebot (nebst Büchern auch Kalender, Atlanten, Ansichtskarten u.v.m.) beibehielt. Am 3. Oktober 1924 ehelichte Erich Asmus die aus der Familie Dietrich stammende Hildegard Elise Wilhelmine, deren Haus im Bergener Stadtteil Fabrik stand. Die letzten Jahrzehnte im Leben von Erich Asmus waren von den Nachwirkungen des Zweiten Weltkrieges überschattet. Inhaftierung durch das Nazi-Regime und unmenschliche Behandlung führten zu einer schweren Nervenkrankheit, die ihn den Rest seines Lebens beeinträchtige, aber nicht daran hinderte, bis zu seinem Tod 1962 täglich in seiner Buchhandlung anwesend zu sein.

 

Über den Autor: Jonas Beinhoff (geb. 2000) ist Abiturient des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums in Bergen (Jahrgang 2019) und ehrenamtlicher Mitarbeiter im Stadtmuseum Bergen.