Vortragsreihe "Frauenklöster und Damenstifte"

Auf Rügen gab es vor gut 75 Jahren noch ein Kloster, das Bergener Frauenkloster neben der Marienkirche. Heute befindet sich in den schönen alten Gebäuden unter anderem das Stadtmuseum, in dem auch über die Geschichte des Klosters berichtet wird. Es war recht klein. 12 Konventualinnen wohnten dort in eigenen Zimmern. Sie bezogen regelmäßige Zahlungen und lange Zeit auch Lebensmittellieferungen. Konventualinnen verfügten über einen vollen Klosterplatz und besaßen ein Anrecht auf vollständige Bezüge. Außerdem gab es noch Expectantinnen. Auch sie lebten an diesem Ort, erhielten aber nur die Hälfte der Bezüge.

 

Für 86 Reichstaler konnten in der Mitte des 19. Jahrhunderts Plätze im Kloster für adlige Frauen von Rügen erworben werden. Manche von ihnen lebten seit ihrer Jugend dort, andere verbrachten im Kloster ihren Lebensabend oder wurden gepflegt, wenn ihre Gesundheit angegriffen war.

 

Im Mittelalter war es ein Zisterzienserinnenkloster, in dem strenge Regeln galten. Nach Luthers Reformation blieb das Kloster zwar erhalten, aber nun hielten evangelische Frauen dort Einzug und die Regeln wurden gelockert. Die Adligen der Insel engagierten sich für den Erhalt des Klosters. Es bildete eine Alternative zu dem gewohnten Leben der Frauen an der Seite von Ehemännern. Es hieß nun „Kloster adliger Jungfrauen in Bergen“. „Jungfrau“ spielte auf den Stand der Frauen an: unverheiratet oder verwitwet.

 

Nicht alle Frauen kamen freiwillig in das Kloster. Manche wollten weg von dort, benahmen sich deshalb nicht regelkonform, um herausgeworfen zu werden. Andere nahmen sich für einige Wochen Urlaub und kehrten nicht wieder zurück. Die männlichen Kuratoren, die über die Frauen „wachten“, klagten gelegentlich über die mangelnde Disziplin.

 

Ein altes Buch, begonnen im Jahr 1858, berichtet von diesen und vielen anderen Ereignissen. Jahr für Jahr wurde handschriftlich in dieser Chronik, die den Namen „Memorabilien-Buch“ trägt, besondere Vorkommnisse vermerkt. Die letzten beiden Einträge fallen in die Jahre 1945 und 1958. Es wird erzählt, wie das Kloster durch die militärische Besatzung Rügens ein jähes Ende fand.

 

Anlässlich der Übergabe des sogenannten Memorabilienbuchs durch die Ev. Kirchengemeinde Bergen auf Rügen als Dauerleihgabe an das Stadtmuseum und der kommentierten Neuauflage durch Professor Dr. Müller von der Universität Hildesheim, widmen sich im Jahr 2022 insgesamt sechs namenhafte Referenten und Referentinnen verschiedenen Aspekten zum Leben in mittelalterlichen Frauenklöstern und neuzeitlichen Damenstiften. Die Rekonstruktion vergangener Lebenswelten bleibt ohne entsprechende Quellen, wie Schriftzeugnisse oder archäologische und bauhistorische Befunde bzw. Funde, nahezu unmöglich. In diesem Sinne möchten die Organisatoren das öffentliche Bewusstsein für die Notwendigkeit eines breiten Zugangs zu diesen Quellen und einen gewissenhaften und reflektierten Umgang mit ihnen schärfen.

 

Die Ev. Kirchengemeinde Bergen auf Rügen, die Gemeinschaft der Klosterstätten in MV e. V., die Universität Hildesheim, die Stadt Bergen auf Rügen und das Stadtmuseum Bergen auf Rügen laden alle Interessierten herzlich zur Vortragsreihe „Frauenklöster und Damenstifte“ ein! Den Auftakt bildet der Beitrag über das „Memorabilien-Buch“ aus Bergen. Das handschriftliche Original wurde von Prof. Dr. Mario Müller von der Universität Hildesheim übertragen, kommentiert und mit zahlreichen Illustrationen versehen. Wer möchte, kann das ca. 300 Seiten umfassende Buch ab dem ersten Vortrag käuflich erwerben und selbst in den alten Klostergeschichten stöbern.

 

 

Autoren: Mario Müller (Universität Hildesheim); Marika Emonds (Stadtmuseum Bergen auf Rügen)

 

Vorträge 2023

01.07.2023 | PD Dr. Britta-Juliane Kruse, Wolfenbüttel

Wissensvermittlung in Text und Textil – zum kulturellen Erbe der Augustiner-Chorfrauen

 

29.07.2023 | Axel Attula, Ribnitz-Damgarten

Aufzeichnungen aus dem Ribnitzer Klosterleben - Memorabilien von Stiftsdamen und Klosterpfarrern

 

12.08.2023 | Dr. Shirley Brückner, Halle/Saale

Unsichtbare Frauen? Auf den Spuren der mecklenburgischen Stiftsdamen

 

01.09.2023 | Dr. Stuth, Rostock

Das Kloster zum Heiligen Kreuz in Rostock zwischen Abgeschiedenheit und städtischer Vernetzung

 

10.09.2023 | n.N.

 

21.10.2023 | Dr. Andreas Kieseler, Kiel

Neue Forschungen zu mittelalterlichen Klöstern, Stiften und Kommenden - das „Klosterbuch Pommern“


Veranstaltungsort

Stadtmuseum Bergen auf Rügen

Billrothstraße 20a

18528 Bergen auf Rügen

 

Uhrzeit: jeweils 18.30 Uhr

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Vorträge 2022

30.04.2022 | apl. Prof. Dr. Mario Müller, Hildesheim

Der männliche Blick auf die adligen Stiftsdamen: Das „Memorabilienbuch“ des evangelischen Damenstifts Bergen auf Rügen (1858–1958) – mit anschließendem Empfang

 

17.06.2022 | Prof. Dr. Oliver Auge, Kiel

 Das Kloster Bergen auf Rügen und die Zisterzienserinnenniederlassungen des südwestlichen Ostseeraums

 

15.07.2022 | Dr. Dörthe Buchhester, Hildesheim

Nichts als lesen, schreiben, beten? Die (Aus-)Bildung adliger Töchter um 1500- mit anschließendem Empfang

 

10.09.2022 | Dr. Katja Hillebrand, Kiel

St. Marien zu Bergen. Ein klösterlicher Bau im fürstlichen Gewand

 

17.09.2022 | Prof. Dr. Felix Biermann, Szczecin und Halle/Saale

Mittelalterliche Frauenklöster im nordostdeutschen Raum aus archäologischer Perspektive

 

01.10.2022 | Prof. Dr. Sabine Bock, Schwerin

Wo kamen die Stiftsdamen des evangelischen Damenstifts Bergen auf Rügen her?


Bildmaterial